In Gedenken an Prof. Dr. med. Helmuth Müller-Mohnssen

Freitag, den 03. September 2010 um 00:28 Uhr Aida Infante
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Ein beeindruckender Mensch, ein vorbildhafter Mann und ein herausragender Wissenschaftler und Arzt, mit dem Herzen am richtigen Fleck, verstarb am 4. August 2010: Prof. Dr. med. Helmuth Müller – Mohnssen

Nicht nur seine Leidenschaft und professionelle Arbeit für die Aufklärung in Bezug auf die Toxizität von Pestiziden (überwiegend Pyrethroide)  und seine opferbereite Nächstenliebe, insbesondere für Schwächere und Pestizidgeschädigte, machte Prof. Dr. med. Helmuth Müller-Mohnssen zu einem wunderbaren und unvergesslichen Freund und Helfer.

Prof. Dr. med. Helmuth Müller-MohnssenAm 3. September 2010, nahmen wir von unserem geschätzten Professor und Freund, Abschied. Es war eine bewegende Trauerfeier, die dem Professor durch die auffallende Schlichtheit und den Ausdruck gelebter Liebe entsprach.

Gerne erzähle ich ein Wenig im Einzelnen, aus der Sicht einer seiner langjährigen Patientinnen und Schülerinnen, über diesen aussergewöhnlichen Menschen und Arzt.

Vor rund 13 Jahren durfte ich Professor Dr. med. H. Müller-Mohnssen begegnen. Es war ein Wink des Schicksals, die Begegnung mit einem Engel auf Erden und gleichzeitig auch mit einem der renommiertesten und kompetentesten Nervengift- und Pestizidexperten, die die Welt bisher erfahren durfte.

Monatelang zuvor hatte man mich von einem schulmedizinischen  Arzt zum Anderen und von einer Klinik in die Andere überwiesen. Unerträgliche Qualen und Entwürdigungen hatte ich hinter mir. Niederschmetternde Falschdiagnostikverfahren, Bewertungen und unnütze Therapien hatten mich fast umgebracht und resignieren lassen.

Ich war nach 11-jähriger Tätigkeit als Stewardess und Purserette, bei Lufthansa, mit schwersten Pestizidvergiftungen von Standard-Schulmedizinern, vieler Fachrichtungen, aufgegeben worden. Man gab mir noch rund 2 Jahre im Rollstuhl und erdrückende Prognosen zur Lebenserwartung. Ich konnte kaum mehr laufen, denken, sprechen und hoffen. Quälende Schmerzen und massive Vergiftungssymptome machten mein Leben als alleinerziehende Mutter zur Hölle auf Erden. Außer mir sollen bereits im Jahre 1999 rund 3000 Kollegen vom Flugpersonal in ähnlicher Verfassung gewesen sein, hierüber wusste Professor Müller-Mohnssen, aufgrund seiner wissenschaftlichen Arbeit für das GSF-Institut (heute Helmholtz-Institut), sehr gut bescheid. Schließlich hatte ihn die Staatsanwaltschaft Frankfurt, aufgrund seines Sachverstandes und seiner Kompetenz als Gutachter, im Ermittlungsverfahren gegen die Lufthansa, Ende der 90 `er Jahre, beauftragt .

Professor Helmuth Müller-Mohnssen, der Forschungsleiter des Forschungsinstitutes (GSF) in München war, führte in mühseliger und präziser Art und Weise eine Studie zu Vergiftungen von Flugpersonal durch. Als eine seiner vielen Studienteilnehmerinnen wurde mir von ihm die Vergiftung durch Pyrethroide (Deltamethrin und Permethrin) objektiviert .

Nach einer abschließenden Bewertung meiner Symptome und Folgeerkrankungen, verkündete er mir: „Ich habe selten einen Menschen gesehen, der solch schweren Vergiftungssymptome zeigte, wie sie. Selbst Landwirte, die Pestizidsprühungen in Häufigkeit anwenden, haben selten solche Schädigungen.“

Er war es, der mir meine nächsten Diagnostik- und Therapieschritte empfahl und mir mit seiner Fürsorge und Unterstützung das Überleben ermöglichte. 

Die Fähigkeiten, Charaktereigenschaften und der Wille dieses wundervollen Menschen, Wissenschaftlers und Mediziners waren einzigartig und beeindruckend.

Prof. Dr. med. Helmuth Müller-Mohnssen und Aida InfanteBis zum letzten Tag unterstützte er unermüdlich nach Hilfe suchende Chemikaliengeschädigte [oftmals MCS (Multiple Chemikalien Sensibilität)-Patienten, die, wie er immer wieder betonte, in Folge einer Vergiftung die Toleranz für Chemikalien verloren hatten (Toxisch induzierter Toleranz Verlust)].

In den vielen Dialogen, die ich mit ihm führen durfte, war es ihm ausgesprochen wichtig, die durchaus strategisch eingeführte Verwechslungmethodik zwischen endogen und exogen verursachter MCS zu betonen. Der Grund hierfür war, dass er Ende der 90 `er Jahre Zeuge einer im GSF-Institut veranstalteten Konferenz, mit 150 Experten aus aller Welt, war.

Es schockierte ihn damals sehr, dass die Teilnehmer einen Plan schmiedeten um Schadstoffgeschädigte in psychiatrische Diagnosebilder einzustufen. All dies geschah mit der Motivation, seitens der Verursacher- und Entscheiderseite, Regressansprüche abzuwenden. Kurz beschrieben hieß die zukünftige Strategie: "Machen wir aus der seit der 50 `er Jahre definierten MCS, die als Folge von Vergiftungen in den USA definiert worden war, eine sMCS (vom Patienten selbsternannte/selbstberichtete MCS).

Demzufolge wurden interne Leitlinien kreiert und Ärzte (auch Gutachter) dafür ausgebildet, Menschen mit Vergiftungsbeschwerden als psychosomatisch Erkrankte einzustufen.

Da zu den klassischen Vergiftungsbildern durch Nervengifte (Pestizide z.b. Pyrethroide & Organophosphate & Holzschutzmittel) auch psychische Symptombilder gehören, die in Folge der Giftexposition eintreten können, konnte auf diese Weise ein sehr intelligenter Plan, bis heute, präzise und kostensparend umgesetzt werden.

So werden auch heute noch aus Vergiftungen "Syndrome" (multiple Symptome mit unklarer Diagnose) oder diverse andere psychosomatische eingestufte Erkrankungsbilder (endogenen Ursprungs = innerlich => selbstverschuldet), statt somatopsychischer (erst organisch und später psychisch) und anerkannter Krankheiten, in Folge einer Vergiftung, nach exogen (äußerlich) verursachter Giftexposition, die bei Nachweis der Kausalzusammenhänge und Schädigungen schadensersatzpflichtig sind. 

Unser Professor führte den Kampf der Wahrheit und Gerechtigkeit, der Wissenschaft und Medizin und zog das Los um mit seinem Wissen und Ehrgeiz, seinem Mut und Willen, an der Seite der vielen Opfer einen sehr steinigen und schmalen Weg zu beschreiten.

Er ging den Weg des sich verleumden, beleidigen, bekämpfen, anzweifeln, rufschädigen, bedrohen und missachten lassen.

Es war der Kampf gegen eine supermächtige und allgegenwärtige Chemielobby.     

Er war auf seinem Gebiet ein Genie. Ich wusste stets, unser „Professore“, wie ich ihn gerne nannte, wird sich immer für die Wahrheit in bezug auf MCS und Vergiftungen, für eine pestizidfreie Umwelt, eine gesündere Umwelt und somit auch für den Menschen und die Bienen einsetzen. Hierfür riskierte MüMo, wie er in vertrautem Kreise genannt wurde, bewusst vieles von dem, was ihm lieb und teuer war, auch seinen Frieden und seine Gesundheit.

Gegenkampagnen seitens der Verantwortlichen für Vergiftungen von Bienen, Natur und Menschen - meist Chemiegroßkonzerne und befangene Amt- und Würdeträger - motivierten ihn stets zu kluger Offensive und zielführender Argumentation.

Besonnen und niemals den schweren Umständen und Gegenwinden sich ergebend, scheute er keine Mühe. Er meldete unaufhörlich Vergiftungen, zeigte Verursacher an, schrieb Widersprüche an Richter und Ämter, hielt Vorträge, stellte für Geschädigte Strafanzeigen und verfasste ihre Gutachten. Unaufhörlich korrigierte er die Medien bei Falschinformation zu Pestiziden oder trat für selbige in Rundfunk, Fernsehen und Pressemedien auf.

Zahlreiche Publikation, aus seiner Feder, dokumentieren seine Leidenschaft für die Wissenschaft, nur „referiert“ (darauf legte er besonderen Wert) sollten sie stets sein.

Er kümmerte und sorgte sich beständig und liebevoll um seine „Schäfchen“ und Bienchen.

Über Beispiele für den phänomenalen Kampfgeist und Einsatz von unserem Professor Müller-Mohnssen könnte ich noch lange erzählen, aber nun belasse ich es dabei, in der Hoffnung und Überzeugung, dass er friedlich ruht und weiß:

„Professore Helmuth Müller-Mohnssen, ich ( ...und all Ihre Schäfchen) werde Sie niemals vergessen und dem lieben Gott ewig dafür danken, dass ich Ihr Vertrauen und Ihre Unterstützung gewinnen durfte, mit Ihnen arbeiten und diskutieren konnte und Sie kennen, wertschätzen und erleben durfte. Ihnen gilt meine ganze Bewunderung, mein Respekt und Dank, meine Freundschaft und ewige Anerkennung Ihrer Person und Leistung!“


Wir sehen uns wieder – Gott weiß, dass er im Himmel einen Schutzengel mehr hat.

Aida Infante am 03. September 2010

Lektüre & Arbeiten:

Vita: Professor Dr. med. Helmuth Müller-Mohnssen wurde am 7. März 1928 in Bremen geboren und verstarb friedlich, in Anwesenheit seiner geliebten Ehefrau, am 4. August 2010 in seinem Haus in München.
1951 wurde er nach Abschluss seines Medizinstudiums Arzt an der Universitätsklinik Marburg/Lahn.
1952 erlangte er seinen Doktorentitel an der Universitätsklinik Marburg/Lahn
1968 Er habilitierte an der Physiologischen Ludwig-Maximilians-Universität in München (LMU) zum Professor.
Lehrstühle: 
1952-1956, Institut der Pathology, Universität Münster/Westfalen (Prof. Giese),
1952-1957 1956-1960 Physiologisches Institut, Saarländische Universitätsklinik (Prof. Stämptli).
1960-1993 Forschungsleiter des staatlichen Forschungszentrums (Umweltforschung) GSF, Neuherberg/München.
1993 Rentenbeginn

Bildnachweis: Privat (nicht zur weiteren Veröffentlichung freigegeben)